Bildquelle: © arthurdent – Fotolia
Quelle: e-health-com.de – Der Referentenentwurf des Digitale Versorgung Gesetzes (DVG) liegt vor. Er bringt einen G-BA-Bypass für digitale Medizinprodukte bis Klasse IIa, eine Menge Telematikinfrastruktur, ein bisschen Telemedizin und einen Patientenanspruch auf Datenübertragung in die EPA.

Bundesgesundheitsministerium die nächste: Nachdem das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in Sack und Tüten ist, hat Minister Jens Spahn am Mittwoch sein neuestes Baby vorgestellt, das vor der Zeugung als E-Health-Gesetz II firmierte, während der Schwangerschaft meist Digitalisierungsgesetz genannt wurde und jetzt als Digitale Versorgung Gesetz (DVG) das Licht der Welt erblickte. Das Gesetz ist ein kleines Feuerwerk an unterschiedlichsten Regelungen, deren gemeinsamer Nenner ist, dass bei der Digitalisierung der Versorgungsprozesse im deutschen Gesundheitswesen endlich mehr Tempo gemacht wird.

Neuer Weg in die Erstattung: G-BA-Bypass für digitale Medizinprodukte

Der „Knaller“ sind ohne Frage die neuen Paragraphen §33a, §134 und §139e SGB V. Sie sind die Grundlage der „App auf Rezept“-Schlagzeilen in den ersten medialen Reaktionen auf den Gesetzentwurf. Der §33a schafft einen prinzipiellen Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit digitalen Medizinprodukten niedriger Risikoklassen, konkret der Klassen I und IIa gemäß EU-Medizinprodukteverordnung 2017/745. Der Anspruch gilt unabhängig von der Krankenkasse und bezieht sich auf jene Anwendungen, die in einem neu geschaffenen Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen gelistet sind.

Dessen Details werden im §139e geregelt, und dieser Paragraph hat es in sich. Eine der Grundfragen beim Thema Erstattung digitaler Lösungen in den letzten zwei Jahren war ja, ob eine Art G-BA-Prozess für Apps und Co nötig wird. Nur war in den letzten Monaten nicht zu übersehen gewesen, dass Spahn kein uneingeschränkter Fan eines sehr mächtigen G-BA ist, vorsichtig formuliert. Mit dem Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen schlägt der Minister jetzt bei digitalen Medizinprodukten niedriger Risikoklasse – also jenen, für die tendenziell keine klinischen Studien oder jedenfalls keine prospektiv-randomisierten Studien nötig sind – einen Weg ein, mit dem kaum einer gerechnet hatte: Der Weg in die Erstattung geht an G-BA und damit an der Selbstverwaltung vorbei.

Konkret wird das neue Verzeichnis beim BfArM angesiedelt, einer dem Gesundheitsministerium nachgeordneten Behörde. Die Aufnahme in das Verzeichnis erfolgt auf Antrag des Herstellers, der darlegen muss, dass das jeweilige Produkt – zusätzlich zu einer CE-Zertifizierung – gewisse Grundanforderungen an Sicherheit, Funktionstauglichkeit und Qualität erfüllt. Außerdem müssen positive Versorgungseffekte nachgewiesen werden. Ist der Nachweis positiver Versorgungseffekte bei Antragstellung noch nicht möglich, kann eine vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis beantragt werden. Die ersten zwölf Monate dienen dann dazu, den Versorgungsnutzen zu belegen. Gelingt das nicht, fliegt die Anwendung wieder aus dem BfArM-Verzeichnis heraus.

Telematikinfrastruktur: Fristen, Daumenschrauben und neue Anreize

Neben den digitalen Gesundheitsanwendungen nehmen die Telematikinfrastruktur und ihre Anwendungen einen sehr großen Teil des DVG ein, genauer: sie kommen in Dutzenden Paragraphen auf die eine oder andere Weise vor. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier der Versuch eines Überblicks:

  • Apotheken und Krankenhäusern werden Fristen für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur gesetzt. Apotheken müssen bis zum 31. März 2020 ans Netz, Krankenhäuser haben bis zum 1. Januar 2021 Zeit.
  • Die Gesetzesgrundlage der elektronischen Patientenakten wird geschärft. Die EPA nach §291 ist künftig im §291h zu Hause. Gemäß TSVG müssen die Krankenkassen eine EPA nach §291h bis 1.1.2021 zur Verfügung. Neu kommt mit dem DVG ein Verfallsdatum für den §68, in dem die elektronischen Gesundheitsakten geregelt sind. Der soll am 1. Januar 2022 abgeschaltet werden, zu diesem Termin müssen die Kassen auch eGA-Daten in die neue EPA importieren können, sofern der Versicherte das wünscht.
  • Was die Befüllung und Pflege der EPA angeht, soll der Bewertungsausschuss zum 1. Juli 2020 verpflichtet werden, Abrechnungsziffern zu schaffen, die die Arbeit der Ärzte mit Aufsetzen und ggf. Pflege der Akte vergüten. Dass dies bereits vor dem offiziellen EPA-Start am 1. Januar 2021 geschehen soll, begründet Spahn damit, dass bei EPAs, die möglicherweise schon früher eingeführt werden, trotzdem von Anfang an die Vergütung geregelt sein soll. Auch vertragszahnärztliche Leistungen im Zusammenhang mit der EPA sollen vergütet werden.

Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.